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Würfelfigur des Petamenophis

Unbekümmert geht die Statue des Pet-amenophis mit den künstlerischen Traditionen Altägyptens um, ohne sie ganz über Bord zu werfen. Rechteckige Basisplatte und Rückenpfeiler sind die formalen Grundelemente, die der Figur ihre Richtung, ihr Achsensystem, ihren definierten Raum geben. Die Würfelfigur, sonst meist ein wenig gegliederter Kubus, lässt hier die Körperformen durchscheinen, gibt die Füße frei und dient auf der Vorderseite als Hintergrund für eine Bildszene in kräftigem Relief, die Pet-amenophis vor dem Gott Osiris betend zeigt.

Außergewöhnlich in seinem Realismus ist der Kopf der Statue. Die Stirnwülste, die weit geöffneten Augen, die kantigen Jochbeine, die Falten beiderseits der markanten Nase, der fest geschlossene, breite Mund fügen sich zu einem energischen, selbstbewussten Porträt. Dieselben Gesichtszüge finden sich in zahlreicher Wiederholung bei den steinernen Uschebtis des Pet-amenophis; sie wurden als Dienerfiguren in sein Grab gestiftet. Dieses Grab des Pet-amenophis ist die größte Grabanlage in Theben; sie erstreckt sich im Talkessel von Deir el-Bahari unterirdisch in verzweigten Gang- und Raumsystemen über mehrere Stockwerke. Trotz dieser riesigen Grabanlage, trotz einer ganzen Anzahl von Statuen hoher künstlerischer Qualität, trotz der vielen Steinuschebtis bleibt die Persönlichkeit des Pet-amenophis im Dunkeln. Als Oberster Vorlesepriester gehörte er zur Priesterschaft von Karnak, ohne besonders hohe Funktionen zu bekleiden.

Pet-amenophis lebte wohl zwischen 700 und 640 vor Christus unter König Taharka am Ende der kuschitischen Dynastie aus dem Nordsudan und unter den ersten Königen der saitischen Dynastie. In diese zweite Hälfte seiner Laufbahn gehört eine Schreiberstatue in Kairo, die ihn im Stil der Pyramidenzeit zeigt. So steht Pet-amenophis zwischen Neu und Alt, zwischen Avantgarde und Traditionalismus in einem Spannungsfeld, das künstlerisch immer besonders kreativ war und heute noch ist.