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Vom Sultanspalast zur Legende

Am Fuße der Sierra Nevada, vor der weiten Ebene der Vega de Granada, liegt sie - erhaben auf einem Hügel: die Alhambra. Hier schrieb die Dynastie der Nasriden das letzte Kapitel in der Geschichte des muslimischen al-Andalus. Hoch über Granada bauten sie eine Palaststadt, die ihresgleichen auf der ganzen Welt sucht.

Dann die Katholischen Könige: Sie eroberten das letzte maurische Reich im Jahre 1492 und verewigten in der Alhambra ihre Zeichen des Sieges. Doch später gerieten die Bauten der Nasriden in Vergessenheit. Erst im 19. Jahrhundert elektrisierten die Erzählungen der Romantiker Europa und Amerika - und die einsetzende Restaurierung rettete die Paläste für zukünftige Generationen. Heute ist die Alhambra eine der meistbesuchten Kulturstätten der Welt - hier lebt Geschichte.

Im Jahre 711 begann die muslimische Eroberung der Iberischen Halbinsel. Gerade mal mit 7000 Mann setzten die Araber aus Nordafrika nach Gibraltar über - und schlugen die herrschenden Westgoten. Ein überwältigender Sieg für den Islam. Vom Atlantik bis zu den Pyrenäen erstreckte sich das neue Reich: al-Andalus.

Lange war Cordoba die Hauptstadt - im elften und zwölften Jahrhundert aber zersplitterte das islamische Andalusien in kleine Königreiche. Die Muslime verloren große Teile ihres Territoriums - die Reconquista, die Rückeroberung durch die Christen, überrollte das Land. Die Tage des Islams schienen gezählt. Erst Muhammad Ibn Nasr gelang es inmitten des Chaos Kräfte zu bündeln. Während des Ramadans im Jahre 1238 zog er glorreich in die Stadt Granada ein. Als Muhammad I. ließ er sich zum ersten Sultan des Emirats ausrufen - die Geburtsstunde des Nasridenreichs.

Ein geschickter Schachzug: Muhammad verbündete sich mit seinem Feind. Granada begann als Vasallenstaat von Ferdinand III., dem christlichen König von Kastilien. Muhammad Ibn Nasr aber wurde zum Begründer einer Dynastie. Die Nasriden sollten das neue Emirat zweieinhalb Jahrhunderte lang regieren.

Der Gründung des Reiches musste auch ein neuer Festungsbau folgen - aus strategischen Gründen. "Al-hamra" bedeutet auf Arabisch die Rote. Bereits im 9. Jahrhundert hatten arabische Quellen eine "rote Burg" erwähnt, benannt nach der Farbe ihrer Lehmwände. Auf der Grundlage ihrer Befestigungsmauern errichtete Muhammad die Alcazaba, die Zitadelle. Der Grundriss: ein schlichtes Dreieck. Daraus entwickelte sich im Laufe von zweihundert Jahren eine gewaltige Anlage - über 10 Hektar groß, harmonisch eingebettet in ihre Umgebung zwischen den Ausläufern der Sierra Nevada und den Flüssen Darro und Genil.

"Die Zitadelle der Alhambra, den Königshof krönend mit ihren weißen Zinnen, ihren himmelhohen Türmen und hochaufragenden Palästen, die die Augen blenden und den Verstand in Staunen versetzen. Nicht eine Stelle in ihr ist ohne begrünte Höfe, ohne Gärten mit Früchten und Blumen."

Diese Zeilen schrieb der berühmte Ibn al-Jatib, Hofdichter der Nasriden.

Die Alhambra ist Burg, Sultanspalast und Stadt zugleich. Alles ist gesichert vom äußeren Festungsring mit seinen Türmen. Inmitten der Mauern lebten die Palastgarde und die Soldaten in kleinen Wohnhäusern. Gleich nebenan - das Hammam.

Schießscharten, verwinkelte Wehrgänge und Türme - die Zitadelle war wehrhaft. Aber die Beständigkeit des Nasridenreiches war eher geschickter Diplomatie zu verdanken: ein steter Balanceakt zwischen Eroberung und Paktieren.

24 Sultane lenkten im Laufe der Jahrhunderte die Geschicke des Emirats. Und die berühmtesten unter ihnen bauten sich im Laufe des 14. Jahrhunderts Wohn- und Regierungsräume, die weltweit ihresgleichen suchen: Die Nasridenpaläste. Von außen gesehen, ist die Alhambra eine Anlage mit nackten Mauern. Ihr Reichtum erschließt sich erst im Inneren.

Villafranca:

"Die Alhambra überrascht immer wieder aufs Neue. Mal überrascht eine Perspektive von einem Aussichtspunkt. Mal verblüfft die Art und Weise, wie der Raum als solcher aufgefasst wurde, welchen Zweck er erfüllte. Oder etwa die Raffinesse bestimmter Dekorationen in der Alhambra, deren Erlesenheit, deren ausgesprochene Feinheit und die Genialität ihrer Vielfalt."