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Die Väter der Renaissance
Lorenzo Ghiberti & Donatello

Dabei ist Lorenzo Ghiberti nicht irgendjemand, sondern einer der berühmtesten Künstler von Florenz. Und noch im selben Jahr 1425 feiert auch er einen Triumph. Denn er hat die neuen Türflügel für das Baptisterium vollendet - genau die, deren Auftrag er einst gegen Filippo gewonnen hat.

Wie vorher Andrea Pisano hat auch Lorenzo die Türen in 28 Felder unterteilt. Ganz unten zeigt er die Kirchenväter und die vier Evangelisten. In den oberen 20 Feldern erzählt er aus dem Leben Christi - und zwar diesmal von unten nach oben. Am Anfang verkündet der Erzengel Gabriel Maria die Geburt Christi. Im folgenden Feld die Weihnachtsgeschichte - auch den Hirten auf dem Feld erscheint ein Engel. Im Verlauf der Geschichte richten die Betrachter ihre Blicke immer weiter himmelwärts. Ganz oben schließlich der Höhepunkt: die Passion Christi - seine Kreuzigung - die Auferstehung vom Tode - und schließlich das Pfingstfest.

Im Rahmen hat Lorenzo sich selbst porträtiert. Vierzig Jahre ist er inzwischen - und er steht auf dem Höhepunkt seines Ruhms. Die neuen Türflügel stoßen auf einhellige Begeisterung. Lorenzo bekommt sofort den Auftrag für das dritte, noch fehlende Portal - diesmal ganz ohne Wettbewerb. Filippo Brunelleschi wird nicht einmal in Erwägung gezogen.

Als Baumeister aber ist Filippo in den nächsten Jahren unumstritten. Lorenzo beschäftigt sich vor allem mit den Fenstern des Doms. Weder im 14. noch im 15. Jahrhundert ist in Italien ein vergleichbarer Zyklus von Glasmalerei entstanden. Die 44 Fenster zeigen im Langhaus verschiedene Heilige aus dem Alten und Neuen Testament. In den Kapellen rings um den Chor leuchten die Heiligen, denen der Dom geweiht ist. Die runden Fenster im Tambour dagegen haben Jesus und Maria zum Thema. Neben Lorenzo Ghiberti arbeiten die größten Künstler der Stadt an den Fenstern: Paolo Uccello, Andrea del Castagno - und auch Donatello.

Filippos alter Freund ist mittlerweile zum angesehensten Bildhauer von Florenz geworden. Für die Fassade und den Campanile des Doms hat er Statuen geschaffen, die die Bildhauerei vollkommen verändert haben. Sie gehören zu den kostbarsten Kunstwerken des Doms. Um sie vor Umwelteinflüssen zu schützen, stehen am Turm heute Kopien - entstanden in der Bildhauer-Werkstatt der Dombauhütte. Hier arbeiten die Meister noch heute genau so wie Donatello selbst vor über einem halben Jahrtausend.

Donatellos Skulpturen stehen jetzt im Museum, und dort ist gut zu sehen, wie radikal neu sie waren: Die alten, gotischen Statuen sind idealisiert, sie stellen symbolisch bestimmte Funktionen dar - etwa "den Propheten". Donatello dagegen zeigt Personen, wie den Propheten Habakuk, von den Florentinern liebevoll "Kürbiskopf" genannt. Auch der Prophet Jeremias wirkt wie ein echter Mensch - man sagt, das Modell soll ein Freund von Donatello gewesen sein.

Wie Giotto in der Malerei, so hat Donatello damit in der Bildhauerei die Renaissance eingeleitet. Für viele Generationen von Künstlern wird sein Stil zum Vorbild werden. In ihm steckt auch eine neue spirituelle Botschaft: Donatello zeigt, dass auch die Propheten und Apostel Menschen waren - genau wie die Florentiner, die die Statuen Tag für Tag sehen. Damit sind sie eine ständige Ermunterung: folgt man dem Glauben, kann auch aus einem einfachen Menschen ein Heiliger werden. Das ist die Grundüberzeugung, der der ganze Dom von Florenz gewidmet ist.

Eine der ergreifendsten Statuen schafft Donatello für das Baptisterium: die Heilige Magdalena. Sie ist als reuige Sünderin dargestellt, nur mit ihren langen Haaren bekleidet. Donatellos Statue macht ihr Leiden fast körperlich spürbar - und wirkt noch heute erstaunlich modern.

Einen vollkommenen Gegensatz dazu bildet die Empore, die er für den Chor entwirft, als die Kuppel fast fertig ist. Donatellos Kollege Luca della Robbia hat schon eine Empore geschaffen. In ihren Reliefs singen und spielen Kinder zum Lob Gottes, wie es in Psalm 150 heißt: "Lobet ihn mit Pauken und Reigen; lobet ihn mit Saiten und Pfeifen!" Dabei folgt Luca ganz den traditionellen Formen. Donatello aber hält sich nicht daran - er lässt die Kinder voller Leben die ganze Länge der Empore entlang laufen und durchbricht kurzerhand die Einteilung in einzelne Felder.