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Die Mosaike

Die Explosion von Farben und Bildern in den römischen Häusern endete nicht an den Wänden. Im ersten Jahrhundert vor Christus breitete sich die Vorliebe für Mosaike von Griechenland her auch über Italien aus.

Anfangs waren es einfache, geometrische Muster, die wie Teppiche die Häuser schmückten. Bald aber begannen die Künstler, in die Mitte dieser Muster Bildfelder einzufügen, so genannte "Emblemata". Eines der ältesten von Pompeji stammt aus der "Villa des Cicero". Es zeigt Schauspieler mit Komödienmasken und Musikinstrumenten. Signiert ist es von einem griechischen Meister namens Dioskurides.

In den folgenden Jahrzehnten entstanden immer mehr Bildmosaike von unvergleichlicher Meisterschaft. Das "Haus des Tragödiendichters" ist nach einem Mosaik benannt, das wieder eine Szene aus dem Theater zeigt. Einst war es Mittelpunkt des Tablinums, des repräsentativen Empfangsraums.

Eine Schauspieltruppe bereitet sich darauf vor, ein Satyspiel aufzuführen, eine heitere Burleske, die die düstere Stimmung von Tragödien vertreiben soll. Links zwei Schaupieler, die schon als Satyrn verkleidet sind - als lüsterne Dämonen, halb Mensch, halb Ziege. Der Flötist spielt sich gerade ein, während der Regisseur oder Autor letzte Anweisungen gibt. Der Schauspieler ganz rechts ist wohl spät dran: er schlüpft eben erst in sein Kostüm. Vor ihm eine typische Theatermaske. Immer wieder tauchen solche Masken in Pompeji und Herculaneum als Dekoration auf - offenbar liebten die Römer das Spiel mit Schein und Sein.

Aber nicht alle Bilder waren so unbeschwert. Dieses berühmte Mosaik fand sich ausgerechnet im Sommer-Speisezimmer eines pompejanischen Hauses. "Memento mori - vergiss nicht, dass Du sterben musst!" Gerade wenn die Bewohner und ihre Gäste sich an lauen Abenden dem Genuss hingaben, erinnerte das Bild sie an die Vergänglichkeit.

Der Totenschädel hängt über einem Schmetterling, Symbol für die Seele. Darunter ein Rad - es steht für "Fortuna", das Schicksal, das sich jederzeit drehen kann. Zugleich ist der Schädel das Lot an einem Richtscheit, einem Vorläufer der Wasserwaage. An dessen linkem Arm ein Zepter und ein kostbarer Pupurmantel. Das Gegengewicht bilden ein Bettelstab und ein lumpiger Sack. Die Waage aber ist im Gleichgewicht - im Angesicht des Todes gibt es keine Unterschiede mehr zwischen reich und arm.

Eine Schlacht ist entbrannt. Auf dem Feld, wo die Reiter aufeinander gestoßen sind, reckt nur ein dürrer Baum seine Äste zum Himmel. Waffen liegen verstreut und zerbrochen am Boden, Lanzen starren in die Luft. Pferde bäumen sich auf und stürzen.

Durch das Gewühl bahnt sich ein vierspänniger Streitwagen den Weg - hoch über seinen Kriegern steht der Feldherr. In der Linken hält er den Bogen, mit dem er seine Pfeile verschossen hat. Der weiße, in die Tunika eingewebte Mittelstreifen kennzeichnet ihn als Großkönig der Perser: Dareios, einer der mächtigsten Männer der Welt. Seine Miene aber zeigt Entsetzen - soeben hat er im Kampfgewühl seinen Gegner erblickt.

Von links sprengt er heran, in heller Rüstung, geziert vom Haupt der Medusa, sein schwarzes Haar wehend wie die Mähne eines Löwen um das jugendliche, kühne Gesicht, die großen Augen fest auf den Todfeind gerichtet - Alexander der Große.

Sein Ross Bukephalos mit breitem Kopf bäumt sich vor einem tödlich getroffenen Pferd auf. Den Reiter hat die Lanze des heransprengenden Alexander durchbohrt. In rasendem Schmerz greift er nach der tödlichen Waffe, um sie abzuwenden. Doch er hat mit dem eigenen Leib den Stoß aufgefangen - sein Tod rettet den, dem der Angriff galt. In panischem Schrecken hat Dareios' Wagenlenker die Pferde herumgeworfen. Doch es ist zu spät. Alexander der Große ist schon zu nahe.

Dieses wohl berühmteste Mosaik aller Zeiten zeigt wahrscheinlich die Schlacht bei Issos, zwischen Alexander dem Großen und Dareios III im Jahre 333 v. Chr. Es beruht wohl auf einem verlorenen Gemälde, das kurz nach der Schlacht entstanden sein muss.

Die große künstlerische Meisterschaft zeigt etwa das Pferd in der Mitte: kaum zu bändigen, ist es von hinten dargestellt, in radikaler Perspektive - so erhöht der Künstler den Eindruck vom Chaos der wogenden Schlacht.

Das Mosaik ist 5,82 m lang und 3,13 m hoch und besteht aus etwa anderthalb Millionen Steinchen. Man fand es 1831 im größten aller Privathäuser in Pompeji, dem "Haus des Fauns". Seit 2005 befindet sich hier im Tablinum eine Kopie - neun Mosaizisten haben fast zwei Jahre daran gearbeitet.

Beim Untergang Pompejis war das Alexandermosaik schon rund zweihundert Jahre alt. Und schon damals war es beschädigt: die großen Lücken vor allem in der linken Hälfte des Bildes sind wohl während des verheerenden Erdbebens 62 n. Chr. entstanden.