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Sumer, Uruk und die erste Schrift der Menschheit

Der Rundgang durch das Museum beginnt im Süden Mesopotamiens. Schon um 4000 vor Christus lebten die Sumerer am Ufer des Euphrat. Hier bauten sie einen Tempel für ihre wichtigste Göttin Inanna, die "Herrin des Himmels". Dieser Tempel, Eanna genannt, wurde in der ganzen damaligen Welt berühmt. Immer mehr Menschen siedelten sich um ihn herum an - und so entstand vor über fünftausend Jahren Uruk, die erste Stadt in der Geschichte der Menschheit.

Dieses Gemälde zeigt die Reste von Uruk um 1930. Walter Andrae wollte keine einzelnen Kunstwerke zeigen, sondern ganze Kulturen und die Landschaften, in denen sie entstanden waren. Deshalb hielt er die Ruinen in wunderbaren Zeichnungen fest, aus denen seine Schwester Elisabeth große Wandbilder für das Museum malte.

Auf dem Bild von Uruk sieht man einen Teil des Eanna-Tempelbezirks. Der Hügel im Hintergrund ist der Rest einer gewaltigen Zikkurat, eines stufenförmigen Tempelturms. Solche Türme sind typisch für Mesopotamien. Der berühmteste von ihnen wurde später der Turm von Babylon - die Zikkurat von Uruk ist einer der ältesten.

Schon zu dieser Zeit, um 3000 vor Christus, hatte Uruk mindestens vierzigtausend Einwohner - damals eine unvorstellbare Zahl. So viele Menschen konnten nicht ohne funktionierende Verwaltung zusammenleben. Wer hatte welche Steuern zu bezahlen? Wie viel Getreide war nötig, um die Stadt zu ernähren? All das musste berechnet und festgehalten werden.

Zuerst verwendete man sogenannte Zählsteine, die stellvertretend für bestimmte Summen standen. Nach und nach entwickelten sich daraus Bildsymbole und schließlich abstrakte Schriftzeichen: die sogenannte Keilschrift - die erste Schrift in der Geschichte der Menschheit. Abertausende von Schrifttafeln fanden die Archäologen, als sie die Stadt vom Schutt der Jahrtausende befreiten. Alleine das Vorderasiatische Museum besitzt heute über 23.000 Tontafeln.

Joachim Marzahn, Kustos am Vorderasiatischen Museum Berlin:

"Diese Tafel ist ein Bericht über einen Verwaltungsvorgang, der etwa etwas über 4000 Jahre alt ist und handelt davon, wie man bestimmte Mengen von Vieh, besonders Kleinvieh, aus einem vorher gesehenen Bestand abbucht. Das heißt eine Planung, die für den Verwendungszweck dieser Tiere gemacht worden ist, und anhand solcher Tafeln kann man eben genau sehen, für welchen Zweck welche Produkte innerhalb dieses Verwaltungsbereiches verwendet worden sind. Und das, finde ich, ist deshalb so sehr wichtig, dass wir uns ein Bild davon machen können, wie das tägliche Leben damals vonstatten gegangen ist."