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Die Wiege der deutschen Demokratie:
Das Wartburgfest

18. Oktober 1817. Es ist sechs Uhr morgens, alle Glocken Eisenachs läuten. Fünfhundert Studenten und ein paar Professoren haben sich auf dem Marktplatz versammelt, um hinauf zur Wartburg zu ziehen. Eine erstaunliche Zahl, gibt es doch an allen deutschen Universitäten zusammen nur achteinhalbtausend Studenten.

Von elf Universitäten sind sie gekommen, aus Berlin, Göttingen, Heidelberg oder Kiel. Und das, obwohl die Anreise nicht gerade einfach ist. Achtunddreißig deutsche Staaten gibt es, jeder mit eigenen Grenzen, eigener Währung, Zöllen und Gesetzen. Und genau das soll endlich aufhören. Das Wartburg-Fest ist eine politische Demonstration. Die Länder, in denen deutsch gesprochen wird, sollen endlich auch einen gemeinsamen Staat bilden. So wie es Frankreich und England schon seit Jahrhunderten sind.

An der Spitze des Zuges Karl Hermann Scheidler aus Jena. Er hat eine neue Burschenschaft mitgegründet. Zum ersten Mal sollen sich in ihr alle deutschen Studenten zusammenschließen- nicht wie bisher getrennt nach Herkunftsländern. Die Jenaer haben das Fest organisiert. Anlass ist der 300. Jahrestag der Reformation.

Aber sie feiern zwei Wochen zu früh - auch das ein politisches Zeichen: am 18. Oktober jährt sich zum vierten Mal der Sieg in der Völkerschacht zu Leipzig. Viele der Studenten haben damals als Freiwillige gekämpft. Im `Lützowschen Freikorps´ hatten sie schwarze Uniformen, rot abgesetzt, mit goldenen Knöpfen. Schwarz-rot-gold - dieselben Farben finden sich auf der Fahne der Jenaer Burschenschaft.

Doch der Kampf war vergeblich. Napoleon haben sie besiegt, aber ihre eigenen Fürsten nicht. Auf dem Wiener Kongress wurde Deutschland 1815 wieder so hergestellt, wie es vorher war. Auch das Wartburgfest ändert daran nichts. Trotz aller Reden scheitern die Studenten an der Willkür der Machthaber. Aber immerhin: der Samen ist gesät. Die Forderung nach Einheit und Freiheit ist öffentlich geworden. Bis heute sind Schwarz-Rot-Gold die Farben der deutschen Demokratie.